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Hast du schon mal gespürt, dass dich jemand nah bei sich hält, aber nie wirklich ganz? Dass du nur dann wichtig wirst, wenn es ihm oder ihr gerade passt? Dann könnte es sein, dass du gebancht wirst. Und falls bei dir jetzt innerlich etwas klickt: Lies weiter. Denn vielen passiert genau das – aber nur wenige wissen, wie sie es nennen sollen.

Als Psychologin höre ich in der Praxis immer wieder dieselben Geschichten: intensive Verbindungen, die plötzlich im Nichts verschwinden. Menschen, die genau dann wieder auftauchen, wenn du fast über sie hinweg bist. Hoffnungen, die sich anfühlen wie eine Lampe mit Wackelkontakt. Das ist kein Zufall – und auch keine Liebe. Das ist Benching.

Was ist Benching?

Der Begriff stammt vom englischen „bench“ – also die Bank, auf der im Sport Ersatzspieler sitzen. Im Beziehungskontext heißt das: Jemand hält dich in Reichweite, will dich aber nicht wirklich. Keine feste Beziehung, kein echtes Commitment – aber dich auch nicht verlieren. Du bist nicht die Person. Du bist die Option.

Oft wird das in hübsche Worte verpackt: „Ich bin gerade nicht bereit für was Festes, aber du bedeutest mir was.“ Oder es wird gar nichts gesagt – stattdessen kommen gelegentliche Nachrichten, ein flüchtiges „Ich hab an dich gedacht“, genau in dem Moment, in dem du dich gerade neu sortierst.

Warum machen Menschen das?

Häufig steckt schlicht Bequemlichkeit dahinter. Du wirkst attraktiv, verfügbar oder vertraut – aber die Person will sich nicht wirklich binden. Vielleicht, weil sie Angst vor Nähe hat. Vielleicht, weil sie sich alle Türen offenhalten will. Und du bist: der Notfallkontakt, der emotionale Lückenfüller, der „für den Fall, dass“.

Manchmal steckt auch emotionaler Egoismus dahinter. Es geht nicht um dich, sondern um das, was du gibst: Aufmerksamkeit, Bestätigung, Nähe, Sex, Trost. Ohne dass du es merkst, wirst du zu einem emotionalen Snack. Und während du dich fragst, warum du dich so leer fühlst, bist du längst in der Spirale der Abhängigkeit gefangen.

Woran erkennst du Benching?

Die Signale sind oft subtil – und werden leicht mit „wir lassen es langsam angehen“ verwechselt. Aber wenn du genau hinschaust, siehst du das Muster:

Sie kommen und gehen. Immer dann, wenn du dich entfernst, melden sie sich. Wenn du wieder vertraust, tauchen sie ab.
Sie sind nie klar. Gespräche über euch werden ausweichend beantwortet. Auf die Frage „Was sind wir?“ kommt nie etwas Konkretes.
Emotionale Häppchen. Mal liebevoll, mal komplett distanziert. Ein netter Abend, dann tagelanges Schweigen.
Du wartest ständig. Auf Antworten, auf Zeit, auf Nähe. Immer auf halbem Weg.
Sie binden sich nicht – aber reagieren verletzt, wenn du dich distanzierst. Dann wird emotionaler Druck aufgebaut: „Warum willst du das jetzt so kaputtreden?“ oder „Ich dachte, du verstehst mich.“

Was macht Benching mit dir?

Es zehrt an dir. Es nagt am Selbstwert. Du beginnst zu zweifeln: Habe ich zu viel gefühlt? War ich nicht genug? Habe ich etwas falsch gemacht?

Spoiler: Nein. Der Fehler lag nicht bei dir – sondern darin, dass jemand deine Gefühle als Reserveprogramm genutzt hat.
Benching bringt dich dazu, deine eigenen Grenzen zu verschieben. Es verzerrt dein Bild von Nähe und Wert. Es nährt die falsche Idee, dass Liebe Geduld bedeutet – auch dann, wenn du dafür leidest. Aber das ist ein Trugschluss. Liebe wird nicht verdient, indem man wartet. Sie wird gemeinsam gelebt.

Wie kommst du da raus?

Der erste Schritt: Erkennen, was los ist. Du brauchst keine klare Absage, um zu wissen, dass du gebancht wirst. Deine Gefühle reichen. Wenn du dich klein, unsicher oder ausgenutzt fühlst – reicht das.

Hier ein paar klare Schritte raus aus der Bankzone:

– Besinne dich auf deine Würde. Frag dich: Will ich wirklich nur eine Option sein – oder die Priorität?
– Sprich es offen an. Sag, was du fühlst: „Ich habe das Gefühl, du meldest dich nur, wenn dir danach ist. Ich suche aber etwas Echtes.“ Wenn sie gehen – weißt du, woran du warst.
– Lass dich nicht emotional erpressen. Wenn sie sich als Opfer inszenieren – bleib klar. Verantwortung sieht anders aus.
– Umgib dich mit echten Verbindungen. Mit Menschen, die dich sehen, dich ernst nehmen und wirklich in deinem Leben sein wollen.
– Und vor allem: Gib dich nicht mit halben Dingen zufrieden. Liebe, die dich warten lässt, ist keine Liebe. Liebe nimmt dich mit – nicht nur dann, wenn’s passt.

Benching ist kein Zufall. Und keine Kleinigkeit. Es ist ein Beziehungsmuster, das – bewusst oder unbewusst – auf deinem Rücken ausgetragen wird.
Wenn du dich darin wiedererkennst, merk dir eins: Du bist kein Lückenfüller. Du bist keine Pausenlösung. Du bist ein Mensch mit Gefühl, Tiefe und Würde.
Und du verdienst eine Verbindung, die klar ist. Echt. Gegenseitig.
Du musst nicht gewählt werden – du darfst wählen.

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Ein Artikel von

Clara Hoffmann

Psychologische Psychotherapeutin · Psychologie M.Sc. Verhaltenstherapie · Redakteurin

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